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Beziehungsgeschichten im Jetzt...

Gottes Liebe überwindet Klischees

Gepostet Von am 21. Februar 2014 in Wer in der Liebe lebt | Keine Kommentare

Gottes Liebe überwindet Klischees© goegi/photocase.com

Der 18-jährige Harold wohnt mit seiner wohlhabenden Mutter in einer Villa. Er begegnet Maude, einer 79-jährigen Frau, die mit ihm Freundschaft schließt. Maude ist wie ein Gegenpol zu Harald: unkonventionell, energisch, impulsiv und lebensfroh – und blickt doch als Holocaust-Opfer auf eine traumatische Jugend zurück. Trotz ihrer unterschiedlichen Charaktere fühlen sich Harold und Maude zueinander hingezogen und verlieben sich schließlich. Es entwickelt sich über den großen Altersunterschied hinweg eine Liebesbeziehung.

Die Geschichte von Harold und Maude, Gegenstand des gleichnamigen Filmes, ist für mich und viele Menschen meiner Generation zum Kult unserer Jugend geworden. Der Film ist ein freches Synonym für das Aufbegehren gegen die Spießigkeit – für Menschen, die nicht bereit sind, sich in die Schachteln, Schablonen und Klischees stecken zu lassen, die die Normierer für sie vorgesehen haben. Ein Film für Menschen, für die kein gesellschaftliches DIN-Maßsystem passt.

Harold und Maude finden sich in ihrer jeweiligen Einzigartigkeit und lernen sich lieben. Zwischen ihnen liegen demografisch zwei Generationen. Unsere Gesellschaft scheint solchem Zusammentun von Jung und Alt – erst recht in Liebesbeziehungen – von Grund auf zu misstrauen. Wir basteln lieber an den uns vertrauten Klischees. In denen wird der ältere Mann mit der jungen Frau dann schnell zum ‚Lustgreis‘, der die ‚erotische Altenpflegerin‘ mit seinem Geld an sich bindet. Und die ältere Frau mit dem jungen Mann wird zur ‚unbefriedigten Jungfer‘, die von ihrem ‚Lover‘ sowieso wegen einer Jüngeren verlassen wird – aber erst, wenn er ihr Vermögen durchgebracht hat. Die Regenbogenpresse liefert dazu täglich die entsprechenden Storys aus der Welt der Schönen und Reichen.

„Wir übersehen den entscheidenden Fakt, der unsere Sicht auf die Dinge radikal verändern würde.“

Warum sind wir oft so lustvoll boshaft? Vielleicht weil wir tief im Unterbewusstsein ahnen, dass da irgendwo im System ein Fehler steckt? Und in der Tat ist das ja auch gar nicht so falsch, das mit dem Fehler im System. Doch weil wir es uns in der Regel gern einfach machen, übersehen wir den entscheidenden Fakt, der unsere Sicht auf die Dinge radikal verändern würde:

Nicht der Altersunterschied oder sonstige vermeintlich unüberbrückbare Barrieren stellen das Problem in Beziehungen dar, sondern die in ihnen nicht selten versteckte Hierarchie. Wenn die Verlockung der Jugendlichkeit oder der Vorsprung an Lebenserfahrung des/der Älteren zum Instrument der Macht gegen den/die Andere/n wird, kippt die Balance zum Ungesunden, wird ein Mensch unterdrückt, marginalisiert – dann wendet sich die Liebe in Vernichtung. Doch die Elemente der Hierarchie sind weder das Alter, der soziale Hintergrund, die ethnische Herkunft oder die körperliche Disposition selbst, die den einzelnen in seinem So-Sein prägen. Es sind vielmehr deren Bewertungen, Zuschreibungen und Instrumentalisierungen, die sich in Strukturen verfestigen, Beziehungen hierarchisieren und schließlich verletzen und zerstören.

Ich betrachte es daher auch nicht als Zufall, dass es in der Bibel kaum Belegstellen zu Altersunterschieden in Beziehungen gibt. Die kargen biblischen Bezüge zum Thema gehören, wenn überhaupt, dann in den Bereich der Spekulationen: Hagar, Abrahams Magd/Zweitfrau mag erheblich jünger gewesen sein als er, schließlich konnte er ja zunächst mit der greisen Sara keine Kinder zeugen. Batseba, das Lustobjekt Davids, war schön und nach unseren gängigen Klischees gewiss auch jung und schließlich wird Joseph, der Vater Jesu, in der gesamten Ikonografie als älterer Ehemann der Jungfrau dargestellt.

Doch wenn wir ehrlich sind, dann spielt das Alter in der Bibel überhaupt keine Rolle. Ganz andere Kriterien für Beziehungen zwischen Menschen gelten hier: Liebe, Verbindlichkeit, Verantwortung, Respekt.

„Die Liebe unseres, die er uns zum Geschenk macht, kennt keine Hierarchie.“

„Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.“, so heißt es im so genannten Hohelied der Liebe in 1. Kor. 13,4-7, der nicht zufällig beliebtesten Bibelstelle für Trausprüche.

Die Liebe unseres Gottes, die er uns zum Geschenk macht, kennt keine Hierarchie. Leider vergessen wir dabei allzu oft, dass wir Zeit unseres Lebens für dieses wunderbare Geschenk Gottes an uns selbst verantwortlich bleiben. Die Verantwortung aber ist kein Zuckerschlecken.

„ Wenn wir Liebe nicht mehr empfinden, dann liegt das nicht an der ‚Laune der Natur‘, sondern an uns.“

Ich bin jetzt seit 20 Jahren mit einer Frau verheiratet, die jünger ist als ich und deren Wurzeln nicht in Deutschland liegen. Wir haben viele Situationen erlebt, in denen jenes Gefühl eines Gefälles in unserer Partnerschaft mal bei dem einen mal bei der anderen aufkam. Dass wir jedoch letztlich die Balance in unserer Liebe halten und unseren Sohn in der Erfahrung dieser Balance großziehen konnten, das war oft harte Arbeit. Aber: es war und ist in all der Zeit bis heute eine wunderbare Erfahrung!

Sicherlich hätte es auch schief laufen können. Wären wir dann auch ungerecht geworden und hätten der Liebe ihre oben noch beschworenen Eigenschaften abgesprochen? Ich weiß es nicht – aber ich bin der festen Überzeugung: Wenn wir Liebe nicht mehr empfinden, dann liegt das nicht an der ‚Laune der Natur‘, sondern an uns, die wir aus welchen berechtigten Gründen auch immer diesem ungeheuren Anspruch der Liebe an uns Menschen nicht gerecht werden konnten. Beziehungen laufen immer auch Gefahr, zu scheitern. ER/SIE weiß das und weil Gott das weiß, legt ER/SIE seinen/ihren Segen auf jeden ernst gemeinten Versuch, es mit der Liebe zu wagen.

Martin Rosowski ist Theologe und Historiker, Hauptgeschäftsführer der Männerarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland

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